Ich habe das Laufen mit Wattmessung für mich entdeckt.
Seit wenigen Wochen trainiere ich mit meiner neuen Polar Vantage V2. Obwohl die Funktion nicht ganz neu ist – auch das Vorgängermodell konnte schon die Leistung in Watt messen – habe ich in diesem Herbst das Laufen mit Wattmessung für mich entdeckt. Ein Erfahrungsbericht.
Watt? „Wat soll dat“ – würde der Rheinländer fragen. Genau diese Frage stellte ich mir auch. Bislang hatte ich die Funktion der Wattmessung, die bei Polar Running Power genannt wird, in meiner Vantage V links liegen gelassen. Mit dem Wechsel auf die neue Vantage V2 beschäftigte ich mich intensiver mit den neuen Funktionen der leichten Multisportuhr. Wahnsinn, was diese Uhr alles kann, dachte ich. Und blieb bei der Running Power hängen. Ich wollte mein gesundes Halbwissen über die Möglichkeiten der Trainingssteuerung nach Wattwerten ausbauen. Die Polar Vantage V2 hat es mir leicht gemacht.
Laufen mit Wattmessung und Herzfrequenz-Messung kombinieren
Die Leistungsüberwachung und -steuerung per Wattmessung ist im Laufsport noch nicht sehr verbreitet. Das liegt auch daran, dass es sogenannte Power Meter, mit denen sich die Laufleistung in Watt messen lässt, erst seit wenigen Jahren in zuverlässiger Qualität gibt. Zum anderen fehlt vielen Läufern und auch Coaches schlicht und einfach noch die Erfahrung mit dieser Methode. Viele Trainer verstehen die Trainingssteuerung per Herzfrequenz und/oder Pace. Aber nur wenige haben sich intensiver mit der Wattmessung auseinandergesetzt.
Das theoretische Wissen um eine neue Methode ist das eine. Die Erfahrung in der Praxis das andere – aber aus Läufersicht der viel wichtigere Aspekt. Bevor ich die Funktionsweise der Wattmessung erkläre, ein wichtiger Tipp:
Die Trainingssteuerung per Wattmessung ist interessant und auch sinnvoll! Aber besonders zu Beginn sollte man die Werte immer im Zusammenhang mit der Herzfrequenz betrachten. Das herzfrequenzbasierte Training sollte nicht ersetzt, aber ergänzt werden! Wenn man beide Parameter im Zusammenhang betrachtet, ergeben sich interessante Vorteile, die nicht nur für ambitionierte Sportler gelten.
EIN AUSFLUG IN DIE PHYSIK – WIE MAN DAS ARBEITSTEMPO BERECHNET
Ich möchte die Wattmessung für Läufer so verständlich wie möglich vorstellen. Das geht leider nur mit einem kurzen Ausflug in den Physik-Unterricht der Mittelstufe.
Die meisten Menschen kommen lediglich beim Kauf einer Glühbirne mit Watt in Berührung. Sollen es 25, 60 oder 100 Watt sein? Auch ohne eine Physik-Ikone zu sein, ist schnell klar: je höher die Wattzahl, desto heller die Glühbirne.
Was die meisten von uns über viele Jahre gelernt haben, hat sich durch vermehrten Einsatz von LED-Leuchten (bei einer LED-Leuchte entsprechen 18W in etwa der Leuchtkraft einer „alten“ 100 Watt starken Glühbirne) zwar etwas geändert, aber das Prinzip bleibt:
Watt ist eine Einheit, mit der Leistung gemessen wird. Das kann mechanische Leistung, Wärmeleistung, elektrische Leistung oder Strahlungsleistung sein.
Laufleistung kann man messen
Auch die Laufleistung lässt sich messen. Der Begriff „Arbeitstempo“ ist die passende Übersetzung dafür. So macht es auch Jim Vance, ein amerikanischer Coach und Wissenschaftler. Er ist der Verfasser des Buchs „Wattmessung für Läufer“.
Wer also tiefer in diese Methode zur Trainingssteuerung einsteigen möchte, dem sei dieses Werk empfohlen.
Die entscheidende Formel für Laufen mit Wattmessung lautet: P = F x V
Die Leistung (P), die uns als Läufer interessiert, ist das Produkt aus Kraft (F) und Geschwindigkeit (V). Zu Bestimmung der Laufleistung (in Watt), müssen wir also messen, mit welcher Kraft wir uns vom Boden abstoßen und mit welcher Geschwindigkeit wir das tun. Kennen wir diese Werte, müssen wir sie lediglich multiplizieren.
Die Formel mit Werten zu füllen, übernimmt die Vantage V2. Das geschieht mit einem von Polar entwickelten Algorithmus.
Wer nicht nur Läufer ist, sondern als Triathlet regelmäßig auf dem Rennrad trainiert, kennt die Wattmessung vielleicht schon. Im Tretlager, der Kurbel oder auch in der Nabe integrierte Sensoren messen die Leistung, mit der ein Radfahrer in die Pedale tritt genauso wie die Geschwindigkeit der Umdrehungen. Beim Laufen ist die Messung anspruchsvoller. Polar hat eine sehr zuverlässige Methode entwickelt.
Wie Polar die Running Power ermittelt
Die Laufleistung ist eine positive Änderung der mechanischen Energie des Massezentrums über einen Schrittzyklus, geteilt durch die Schrittzyklusdauer. Dabei ist die mechanische Energie die Summe der Energie des kinetischen Potentials und des Gravitationspotentials.
Für die am Handgelenk gemessene Polar Running Power werden die Angaben Geschwindigkeit und Gradient verwendet, die von der GPS-Funktion und barometrischen Sensoren bereitgestellt werden.
Das Körpergewicht beeinflusst die Berechnung ebenfalls, daher muss der Wert immer aktuell sein. Die Messung in Watt ist ein Abbild der momentanen Leistung, die Herzfrequenz reagiert auf die geleistete Arbeit deutlich langsamer!
Laufen mit WATTMESSUNG – warum dieser Wert IMMER EINEN SCHRITT VORAUS IST
Jetzt wird es spannend: Die Vantage V2 misst sehr exakt die gerade erbrachte Running Power in Watt! Warum das so wichtig ist? Ein Beispiel: Ich laufe einen Hügel hinauf. Dabei steigt meine Herzfrequenz langsam aber stetig an. Ich bin schon außer Puste – aber die Herzfrequenz ist erst bei 165 Schlägen pro Minute? Wie kann das sein? Es fühlt sich eher nach 180er Puls an?!?
Parallel messe ich meine Leistung in Watt. Und siehe da: Diese steigt beim Anstieg sprunghaft an. Kurze Zeit später geht es den Hügel wieder hinunter. Dasselbe Bild – nur umgekehrt. Die Herzfrequenz sinkt dabei nur langsam , während die Wattzahl beim Bergablaufen sofort reagiert und sprunghaft sinkt.
Der Unterschied ist wirklich spannend! Sich seine Running Power in Wattmessung anzuschauen, ist nicht nur bei hügeligen Läufen, sondern vor allem beim Intervalltraining und noch mehr im Wettkampf sinnvoll.
Ein Zwischenfazit
Auch wenn mein erster Wettkampf mit Wattmessung noch aussteht: Eines habe ich gelernt. Die Wattmessung ist im Wettkampf und beim Intervalltraining der bessere Indikator, um zu Beginn nicht zu überpacen – was ja vielen Läufern passiert.
Die Herzfrequenz reagiert mit größerer Trägheit auf eine etwas zu hohe Anfangsleistung – das kann dazu führen, dass ich mein Pulver zu früh verschieße und hinten raus früher als geplant platt bin. Die Wattzahl ist immer das direkte Abbild meiner Leistung! Ich kann meine gewünschte Intensität perfekt steuern. Und verhindere damit bei schnellen Einheiten eine frühe Überbelastung.
EINE GUTE INTERPRetATION DER DATEN IST DAS A UND O
Wie sieht es mit einer kompletten Trainingssteuerung nach Wattmessung aus? Ich halte das erst dann für eine gute Methode, wenn die Daten auch wirklich eingeordnet werden können. Ich habe in den vergangenen Wochen schon viel darüber gelernt, wie sich meine Leistung in Watt entwickelt und in Bezug zur Herzfrequenz verhält.
Noch besser ist es natürlich, eine Leistungsdiagnostik zu machen. Wenn ich mein Training nach Wattmessung steuern will, muss ich meine Running Power in den verschiedenen Trainingsbereichen exakt kennen. Bei welchen Werten trainiere ich noch im aeroben Bereich? Wie sind die Wattwerte im Bereich meiner Schwellen? Ganz zuverlässig ermitteln das nur eine Laktat-Leistungsdiagnostik oder Spiroergometrie – dabei muss die Wattleistung dann mit der Vantage V2 natürlich auch gemessen werden.
Mit der Wattmessung verhält es sich wie mit der Herzfrequenz: Nur wer seine Werte richtig interpretieren kann, wird auch sein Training sinnvoll steuern können. Für den Einsatz bei intensiven Läufen bietet die Wattmessung klare Vorteile gegenüber der Steuerung nach Herzfrequenz. Meine Empfehlung: unbedingt ausprobieren
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Bitte beachte, dass die Informationen in den Artikeln des Polar Blogs keine individuelle Beratung durch medizinische Fachkräfte ersetzen können. Bevor du ein neues Fitnessprogramm beginnst, hole ärztlichen Rat ein.