Neulich kam mir auf meiner Laufrunde ein Läufer in Chucks entgegen. Ich dachte, ist das ein neuer Trend oder der Mangel an Alternativen? Ich blickte dem Läufer in Sneakers hinterher und wusste gleich: AUTSCH- das kann auf Dauer nicht gut enden. Nicht für die Füße und auch nicht für den Rest des Bewegungsapparats. Nun bin ich eine große Freundin der Laufanalyse und das nicht nur, weil es zu meinem Job gehört. Entsprechend habe ich in so einem Augenblick Kopfkino und stelle mir vor, welchen Mehrwert eine gute Laufanalyse für diesen Läufer bietet.
Ich sehe täglich ähnliche Bilder: In der Freizeit, während meiner eigenen Laufrunden, sowie in meinem beruflichen Alltag. Denn ich bin Bewegungsanalystin im Laufstudio und führe Fuß- sowie Gang-/Laufanalysen durch. Bei diesen Analysen geht es nicht nur um den richtigen Schuh, es geht um die Lauftechnik, Laufhaltung und die Biomechanik.
Laut Schätzungen haben etwa 70 – 80 % der Menschen Probleme mit ihren Füßen: Von Knickfuß, Spreizfuß, Senkfuß über Hallux valgus, bis hin zu Achillessehnenreizungen. Viele dieser Probleme lassen sich durch eine Laufanalyse feststellen.
Laufanalyse – Fehlhaltungen erkennen, Belastbarkeit verbessern
Zum Thema Lauftechnik oder -haltung gibt es mindestens genauso viel Diskussionsstoff wie zum Thema Laufschuhe. Das beginnt schon bei der Landung des Fußes: Soll nun die Ferse zuerst aufsetzen, der Mittelfuß oder der Vorfuß?
Klar ist, die Natur hat uns mit Füßen ausgestattet, um uns auf natürlichem Boden fortzubewegen. Im Alltag begegnen uns inzwischen verschiedenste (auch unnatürliche) Bodenbeschaffenheiten und Profile. Da der Mensch jedoch sehr anpassungsfähig ist, stellt er sich drauf ein. Er verändert das Schuhwerk, die Lauftechnik und selbst die Stabilität der Füße wird auf Dauer beeinflusst.
Laufen ist eine natürliche Bewegungsform. Aber es geht nicht nur darum, dass wir Laufen, sondern auch darum, wie wir Laufen.
Durch die Anatomie wird uns bereits eine Idee vorgegeben, welche Funktionen die Strukturen unserer Füße haben. Verändern wir nun die Funktion, kann sich damit auch die Form verändern. In Folge verändert sich auch die Belastbarkeit, d.h. es kommt häufig zu einer Einschränkung und in vielen Fällen werden dadurch Beschwerden ausgelöst.
Dabei geht es unter anderem um das Ungleichgewicht von Belastung und Belastbarkeit. Je geringer die Belastbarkeit (z. B. in Abhängigkeit von Körpergewicht, Vorerkrankungen, Funktionsstörungen, Muskulatur, Ermüdung durch Training etc.), umso eher führt eine hohe und andauernde Belastung zu Symptomen wie Fehlstellungen oder auch Verletzungen.
Eine Gang- oder Laufanalyse weist auf diese Problematiken hin oder kann sie auch schon im Vorfeld vermeiden.
Was sind die Inhalte einer Laufanalyse?
Bei typischen Läuferbeschwerden ergeben Röntgen, MRT, CT oft keine eindeutige Diagnose für eine strukturelle Schädigung. Die Laufanalyse hilft funktionelle Auffälligkeiten und Störungen zu entdecken. Im Idealfall macht man diese Analyse einmal im Jahr. Quasi präventiv, bevor Beschwerden überhaupt entstehen können. Bei Beschwerden oder nach Verletzungen macht es Sinn, die Analyse häufiger durchzuführen.
Eine Laufanalyse kann wie ein Puzzlespiel gesehen werden. Die Ergebnisse der einzelnen Aspekte sind die Puzzleteile. Sie fließen in die Bewertung mit ein und ergeben ein Ganzes.
- Es beginnt mit der ausführlichen Anamnese. Dabei werden Trainingspensum, Sportarten, Verletzungen/ Operationen, Beschwerden etc. besprochen.
- Darauf folgt eine Untersuchung, die das manuelle Abtasten der Füße auf Empfindlichkeiten, Schmerzen und Bewegungseinschränkungen beinhaltet. Zusätzlich werden einige Gelenk- und Muskelfunktionstest durchgeführt.
- Die Schuhe werden begutachtet, denn Eigenschaften wie Ablaufmuster, Dämpfung, Sprengung, Torsionssteifigkeit und Form der Außensohle geben wichtige Informationen. Natürlich berücksichtige ich auch eventuell bestehende Einlagenversorgung.
- Zur Gang- und Laufanalyse gehört auch die Pedographie. Sie liefert uns die Informationen über die Druckbelastung der Füße im Stand und während der Bewegung.
- Die videogestütze Gang- oder Laufanalyse auf dem Laufband ist der zentrale Teil. Sie sollte mindestens von hinten und seitlich erfolgen, sowie barfuß und mit Schuhen. Die Aufnahmen werden unter Berücksichtigung der vier Phasen Landung, Mittlere Standbeinphase, Abdruck- und Spielbeinphase analysiert und besprochen.
- Basierend auf den Ergebnissen spreche ich Empfehlungen von Schuhen, ggf. Einlagenversorgung aus. Vorschläge für Übungen zur Verbesserung von Mobilität, (z. B. Dehnung des Hüftbeugers bei eingeschränkter Hüftstreckung), Stabilität (z.B. Kräftigung der Hüftabduktoren bei Beckeninstabilität) und Koordination (z.B. Wahrnehmungsübungen) gehören als wichtiger Bestandteil der Beratung dazu. Sie berücksichtigen die individuellen Bedürfnisse zur Reduktion von Fehlbelastungen.
Was bedeutet „richtig laufen“?
Um Fehlbelastungen zu verhindern, macht es Sinn sich unter Berücksichtigung der Anatomie korrekt zu bewegen. Aber jeder Läufer setzt die Technik natürlich individuell um, d.h. es wird immer einen persönlichen Laufstil geben. Wichtig ist es, dass man sich beim Laufen wohl fühlt. Jedoch bleibt im Rahmen unserer Laufgewohnheiten vorhandenes Potenzial oft ungenutzt, z.B. hinsichtlich Trainingsplanung, Krafttraining, Ernährung oder Regeneration.
Folgende Aspekte werden bei der LaufAnalyse beobachtet:
- Fußstellung, Fersenstellung, Fußführung
- Beinachse
- Beckenstabilität
- Wirbelsäulenaufrichtung
- Rumpfbewegung
- Armschwung
- Kniebeugewinkel
- Hüftstreckung
- Beinhub
- Schrittfrequenz
- Schrittlänge
- Spurbreite
Je größer die Auffälligkeiten bei diesen Punkten sind, desto unökonomischer ist die Lauftechnik. Der Körper benötigt mehr Kraft und Energie, um die Abweichungen zu kompensieren. Eine optimierte Lauftechnik macht das Laufen dynamischer und effizienter und kann eine Überlastung der Strukturen verhindern.
Je höher der Umfang und die Intensität des Lauftrainings sind, desto stärker ist die Belastung für die Strukturen. In Folge braucht es eine längere Regenerationszeit. Eine gute Lauftechnik kann also auch hier „Zeit sparen“.
Wie dich eine Laufuhr unterstützt
Deine Laufuhr unterstützt dich und die Verbesserung des Laufstils durch verschiedene Sportprofile wie z. B. Krafttraining und Yoga. Sportarten, die dir dabei helfen gezielt Dysbalancen und Fehlbelastungen zu beheben. Zusätzlich bekommst du Empfehlungen, worauf du tagesaktuell deinen Trainingsschwerpunkt legen solltest. Von Krafttraining über Mobilität, bis hin zum Ausdauertraining. Die Uhr gibt dir individuell angepasste Trainingsroutinen vor.
Zusätzlich erleichtern dir die Daten zu Schrittfrequenz und Schrittlänge, Tempo, Zeit sowie Distanz, die Optimierung deiner Lauftechnik.
Bewegungsmuster, Schuhe, Einlagenversorgung – und die Chance
Je älter wir werden, umso mehr verstärken sich auch unsere Bewegungsmuster. Wenn es sich dabei um dauerhafte Fehlhaltungen oder Fehlbelastungen handelt, ziehen diese in der Regel Schmerzen und Verletzungen nach sich.
Das Ganze läuft häufig wie eine Kettenreaktion ab und es ist dann schwer, den Auslöser für bestimmte Beschwerden zu finden.
Ein Beispiel: Knickt die Ferse bei der Landung auf Dauer zu stark nach innen, führt das zu mehr Belastung auf das Fußgewölbe und das wiederum zu Sehnenbeschwerden. Zusätzlich gibt diese Bewegung dem Knie einen Impuls nach innen, was dann in einem Läuferknie mündet. Die Beckenstabilität wird beeinträchtigen und es kommt zu Hüftschmerzen, was wiederum die Wirbelsäulenaufrichtung beeinflusst. Unter Umständen bis hin zur Kopfhaltung. Das Resultat daraus sind z.B. Lenden- und Nackenschmerzen. Aber natürlich kann sich auch umgekehrt eine Beckeninstabilität auf die Füße und den Gang auswirken.
Die Laufanalyse und die Wahl des Laufschuhs
Die Wahl des passenden Laufschuhs ist individuell. Man sollte dabei nichts überstürzen und viel Sorgfalt walten lassen. Das erfordert manchmal etwas mehr Zeit und Geduld, aber es lohnt sich. Die persönliche Laufanalyse ist eine gute Unterstützung. Denn die Auswahl des richtigen Laufschuhs erfordert immer die Berücksichtigung des persönlichen Laufstils, der Laufgewohnheiten, des hauptsächlichen Laufuntergrunds sowie bestehender gesundheitlicher Einschränkungen oder früherer Verletzungen.
Eine ungünstige Wahl kann Fehlbelastungen sogar verstärken. Der geeignete Laufschuh ist komfortabel, bietet eine Unterstützung zur Optimierung des Laufstils und somit der Laufleistung.
Auch eine Einlagenversorgung muss auf den Schuh abgestimmt sein, sodass sich beides optimal ergänzt und keine Überkorrektur entsteht.
Mein Fazit
Die Laufanalyse bietet definitiv die Chance auf eine lange Laufkarriere. Indem wir die Bewegungsmuster frühzeitig erkennen und reflektieren, sie bei Bedarf anpassen oder verändern, steigern wir nicht nur die Laufleistung. Auch die Freude am Laufen ist immer mit auf der Strecke.
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Bitte beachte, dass die Informationen in den Artikeln des Polar Blogs keine individuelle Beratung durch medizinische Fachkräfte ersetzen können. Bevor du ein neues Fitnessprogramm beginnst, hole ärztlichen Rat ein.