Wenn man als Leistungssportlerin schwanger wird, verändert sich naturgegeben einiges. Zum einen auf der körperliche Ebene und zum anderen auf der mentalen Ebene. In unserem aktuellen Beitrag spricht Gesa über ihre Erfahrungen zu dem Thema Leistungssport und Schwangerschaft.
Leistungssport und Schwangerschaft – geht das für mich?
In meinem Leben dreht sich alles um Leistungssport und mein damit verbundenes Training. Meinen Alltag habe ich nach Training, Trainingslagern und Wettkämpfen ausgerichtet. Der Trainingsplan war mein „Dienstplan“ und meine Arbeit und meine Konstante in dem etwas ungewöhnlichen Beruf einer Leistungssportlerin.
Doch, Familie ist für mich trotz meiner Leidenschaft fürs Laufen das Größte. Familie bedeutet alles für mich. Es war es schon immer mein Traum irgendwann meine eigene Familie zu haben. Für mich stand früh fest, dass ich beides, Leistungssport und Schwangerschaft, sowie Mutter sein miteinander verbinden wollte. Warum sollte das eine das andere ausschließen? Ich glaube nämlich, dass Glück sich verdoppelt, wenn man es teilt und so bin ich mir sicher, dass sich ein intaktes Familienleben positiv auf meinen Beruf auswirken wird.
Ist Schwangerschaft im Leistungssport planbar?
Wir Sportler denken immer in Olympiazyklen und so ist es nicht abwegig, dass Frauen unmittelbar nach Olympischen Spielen eine Pause einlegen, um eine Familie zu gründen. Auch ich habe lange Zeit so pragmatisch gedacht. Der Alltag sieht allerdings oft anders aus. Die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt sollte gut gewählt sein, aber planen kann man nicht alles bis auf den Tag genau. Im Sport mag das noch ganz gut gehen, aber im Leben müssen manchmal einfach viele Dinge zusammenpassen. Mein ganz persönliches Ziel war es, bei den Europameisterschaften in München zu starten und mich dann langfristig auf die nächsten Olympischen Spiele vorzubereiten. An Familienplanung bzw. Leistungssport und Schwangerschaft habe ich erstmals in meinem sehr durchwachsenen Sportsommer 2022 gedacht.
Leistungssport und Schwangerschaft – eine neue Gedankenwelt
Ob man jemals wirklich bereit dafür ist Mama zu werden, ist schwer zu beantworten. Man hat zwar eine grobe Vorstellung wie sich das Leben verändern wird, aber als es dann soweit war und ich erfahren habe, dass ich schwanger bin, hat es mich doch irgendwie überrollt. Natürlich hat man sich im Vorfeld Gedanken darüber gemacht, wie das Leben mit Kind aussehen würde, aber die Umstände sind plötzlich so neu und anders, dass man einfach absolut unvorbereitet in eine neue Lebenssituation geworfen wird.
Endlos viele Fragen schwirrten mir im Kopf herum: Wieweit kann ich Leistungssport und Schwangerschaft verbinden? Kann ich überhaupt jemals wieder Leistungssport machen? Werden mich meine Sponsoren weiterhin unterstützen? Wie bekomme ich alles unter einen Hut? Und werde ich überhaupt eine gute Mutter sein?
Antworten auf diese Fragen habe ich bisweilen nur teilweise bekommen, aber die wichtigsten Erkenntnisse, die ich inzwischen gewonnen habe sind, dass Vorfreude und Selbstvertrauen Berge versetzen können. Es ist logisch, dass man erstmal überrascht ist und Ängste verspürt. So ist das doch immer, wenn man neues Terrain betritt. Mit Vorfreude, Mut und Selbstvertrauen lassen sich die meisten Hürden des Lebens aber gut meistern.
Das erste Trimester – Leistungssport und Schwangerschaft waren ein Balance-Akt
Mein Leben hat sich seit Schwangerschaftsbeginn verändert. Ich denke das bleibt nicht aus. Für die meisten ist es lediglich die körperliche Veränderung. Auch in meiner Vorstellung war das anfangs so. Ich dachte immer: „Wenn ich anfangs noch nicht so schwer bin, kann ich ja noch jede Menge trainieren und Leistungssport und Schwangerschaft unter einen Hut bekommen.“
Dass viele Veränderungen eher im Verborgenen stattfinden, war mir zu Beginn meiner Schwangerschaft nicht so ganz bewusst. Körperlich sah ich zwar noch fit aus, aber mein Kreislauf und die andauernde Übelkeit machten mir wirklich zu schaffen. Zudem war ich gefühlt dauermüde. Ich hatte mir vorgenommen, täglich zwei Mal zu trainieren und musste feststellen, dass ich oft keine Kraft dazu hatte mich sportlich zu betätigen.
Das Laufen tat mit gut
Das Laufen tat mir gut. Meist verschwand dann auch die Übelkeit, aber der Grat zwischen „Wohlfühlen“ und „Übertreiben“ war so schmal, dass ich zunächst eine Balance finden musste, welches Pensum angemessen ist. Zu Beginn meiner Schwangerschaft war ich an meinem Lieblingsort in Boulder (USA). Für mich der schönste Ort zum Trainieren. Ich versuchte den Umgang mit meinem Körper neu zu erlernen, mir weniger Vorwürfe zu machen, wenn ich mal nicht trainieren konnte und die Läufe, die sich gut angefühlt haben extra doll zu genießen.
Ein Hoch auf das zweite Trimester
Nachdem ich das erste Trimester überstanden hatte, ging es mir schlagartig besser. Ich habe wieder höhere Umfänge realisieren können. Tempoläufe gingen leichter von der Hand und einige Wochen konnte ich sogar mit meiner Trainingsgruppe trainieren und war auf einem sehr guten Niveau. Mein Trainer und ich haben das Training mittlerweile sehr gut gesteuert. Durch seine Frau hat er Erfahrung im Umgang mit schwangeren Athletinnen bzw. Leistungssport und Schwangerschaft. Zudem haben wir viel kommuniziert und er hat mir die nötigen Freiräume gegeben. So habe ich hier und da auch einen Tag pausiert, wenn ich das Gefühl hatte es wurde zu viel.
Leistungssport und Schwangerschaft – ich höre auf meinen Körper
Ein gutes Körpergefühl zu entwickeln ist das A und O in der Schwangerschaft, denn schließlich wächst ein Mensch im Bauch heran. Die Gesundheit des Babys und mein eigenes Wohlbefinden sollte demnach immer an erster Stelle stehen. Falscher Ehrgeiz hingegen sollte während der Schwangerschaft keinen Raum haben. Natürlich habe ich hohe Ziele, denn die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Paris 2024 ist weiterhin mein Traum. Trotz allem sollte ich gerade jetzt Geduld bewahren und nicht übermäßig viel oder zu intensiv trainieren.
Puls- und Schlaftracking während der Schwangerschaft
Ich habe gelernt in mich hineinzuhören und festgestellt, dass erholsamer Schlaf, eine ausgewogene Ernährung und ein gesundes Trainingspensum mein Schlüssel zu Gesundheit und Vitalität sind. Da ich trotz allem ein kleiner Kontrollfreak bin, tracke ich meinen Schlaf und mein Training mit meiner Polar Uhr. So habe ich meine Erholungs- und Belastungsstunden immer im Blick. Einen Fokus habe ich zudem auf meinen Puls. Dieser sollte nicht dauerhaft zu hoch sein. Interessant zu beobachten war aber auch, dass sich mein Ruhepuls um fast 20 Schläge erhöht hat. Während der Schwangerschaft nimmt das Blutvolumen zu und das Herz muss mehr arbeiten. Dies ist ein weiterer Grund warum, die Erholungszeit nicht außer Acht gelassen werden sollte.
„Rückblickend habe ich mich in Verlauf meiner Schwangerschaft noch besser kennengelernt. Vielleicht ist dies sogar ein Pluspunkt, wenn ich wieder mit „richtigem Training“ anfange. Versteht mich nicht falsch, ich habe mich zu keiner Zeit auf die faule Haut gelegt. Sieben bis zehn Mal pro Woche trainiere ich noch immer und es tut mir richtig gut.“
Leistungssport und Schwangerschaft – das hat sich verändert
Das Training hat sich im Verlauf der Schwangerschaft aber stetig verändert. Nach den guten Trainingswochen vor Weihnachten, in welchen ich teilweise noch über 100km pro Woche absolviert habe, bin ich zum Abschluss noch beim Silvesterlauf in Trier an den Start gegangen. Die Zeit von 17:31min fand ich für 5km noch ganz beachtlich. Immerhin hatte ich damals schon gut 7kg mehr mitzutragen, als noch bei der WM im Sommer.
Nach der Jahreswende hat sich mein Training doch ziemlich verändert. Der Trainingsumfang ist ähnlich hoch geblieben, doch ich trainiere nun mehr und mehr alternativ. Der Crosstrainer und Aquajoggen sind aktuell meine favorisierten Alternativen zum Laufen. Ich schnüre noch immer regelmäßig die Laufschuhe, aber selten laufe ich mehr als 8-10km. Das zusätzliche Gewicht macht das Laufen sehr beschwerlich. Trotz allem tut es gut drei Mal pro Woche einen lockeren Dauerlauf zu absolvieren.
Der Sport gehört einfach zu mir
Im Grunde versuche ich einfach aktiv und fit durch diese Schwangerschaft zu gehen. Aus ärztlicher Sicht gab es in meinem Fall keine Einwände weiterhin aktiv zu sein und mir persönlich gibt das Training eine gewisse Struktur. Immerhin ist der Sport mein Beruf und so sehr ich mich auf meine neue Rolle als Mutter freue – ein kleiner Teil von mir ist Gesa die Läuferin, die das scheinbar unmögliche probieren möchte, nämlich in Paris 2024 bei meinen vierten Olympischen Spielen am Start zu sein.
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Bitte beachte, dass die Informationen in den Artikeln des Polar Blogs keine individuelle Beratung durch medizinische Fachkräfte ersetzen können. Bevor du ein neues Fitnessprogramm beginnst, hole ärztlichen Rat ein.