Sport nach Zyklus liegt voll im Trend. Doch was bringt zyklusabhängiges Training wirklich? Solltest du deinen Sport nach Zyklus planen und entsprechend nach Zyklusphase optimieren?
Sport nach Zyklus – Was verspricht zyklusabhängiges Training?
Der weibliche Körper macht jeden Monat Schwankungen im Hormonhaushalt durch. Phasen mit einer hohen Hormonkonzentration wechseln Phasen mit einer geringeren Hormonkonzentration im Blut ab. Das beeinflusst zahlreiche Prozesse in deinem Körper und sogar den Stoffwechsel wie z.B. den Energiestoffwechsel.
Darum entstand die Idee vom zyklusabhängigen Training. Dabei wird der Sport nach Zyklus geplant und durchgeführt. Häufig begegnen uns hier Empfehlungen, welche Sportart in welcher Zyklusphase geeignet sei und was wir dringend vermeiden sollen. Ein paar Beispiele dafür wären:
- Während der Menstruation dürfe man nur ruhig trainieren und kein Krafttraining machen.
- Muskelaufbautraining sollte in der Zyklusmitte erfolgen.
- Kein HIIT während der Lutealphase.
- Kurz vor der Menstruation würden die Kraftwerte um bis zu 50% sinken
Doch die Wahrheit ist:
Zum aktuellen Zeitpunkt lassen sich noch keine wissenschaftlich fundierten allgemeinen Trainingsempfehlungen je nach Zyklusphase ableiten. Es gibt keine einzige Studie darüber, dass wir in der zweiten Zyklushälfte nur Yoga treiben und spazieren gehen sollten.
Im Gegenteil: Unheimlich viele Frauen erreichen nicht mal die sportlichen Empfehlungen der WHO. Sie bewegen sich grundsätzlich zu wenig und werden dann auch noch von solchen unhaltbaren Behauptungen verschreckt.
Die Literatur ist derzeit noch sehr durchmischt. Möglicherweise ist bei einigen Frauen die Leistungsfähigkeit in der Lutealphase etwas herabgesetzt, also in den „Tagen vor den Tagen„. Doch das lässt sich nicht pauschal behaupten, sondern muss individuell beobachtet werden.
Das bedeutet nicht, dass deine persönliche Wahrnehmung nicht valide ist, wenn du Veränderungen im Laufe deines Zyklus feststellst. Doch das bedeutet, dass wir für den Sport nach Zyklus noch keine generellen Empfehlungen aussprechen können. Zunächst sollten die Grundlagen im Training optimiert werden. Und wenn dann noch Bedarf besteht, kannst du deinen individuellen Zyklus kennenlernen und die Tipps aus diesem Artikel beherzigen.
Die großen Fünf für körperlich aktive Frauen
Noch bevor du deinen Sport nach Zyklus richtest, solltest du sichergehen, dass die Grundlagen für einen gesunden Körper und einen gesunden Zyklus abgedeckt werden. Dazu gehören die „großen Fünf“ für körperlich aktive Frauen:
Sport und Zyklus: Kalorien
Als körperlich aktive Frau verbrennt dein Körper Energie. Und diese Energie muss auch wieder zugeführt werden! Das Optimum für deine Energieversorgung als athletische Frau liegt bei 40-60 kcal pro Kilogramm fettfreie Masse. Die fettfreie Masse ist das Gewicht, was übrig bleibt, wenn du dein Körperfett abziehst.
Bei einem Körpergewicht von 70 Kilogramm und einem Körperfettgehalt von 20% kommen wir auf 56 Kilogramm fettfreie Masse. Um den minimalen Energiebedarf einer körperlich aktiven Frau zu bestimmen, multiplizieren wir diesen Wert mit 40-45. Das ergibt einen Kalorienbedarf von etwa 2500 am Tag. Bist du sehr aktiv kann sich dieser Wert auch auf bis zu 3300 oder mehr erhöhen.
Tipp!
Achtung: auch während einer Diät sollten 30kcal pro KG fettfreier Masse nie unterschritten werden, da hier das Risiko für RED-S (Das relative Energiedefizits-Syndrom) steigt.
Sport und Zyklus: Kohlenhydrate
Insbesondere bei Ausdauersportarten werden primär Kohlenhydrate verbrannt. Es gibt Hinweise darauf, dass eine unzureichende Versorgung an Kohlenhydraten sogar bei einer adäquaten Energiezufuhr dennoch den Zyklus stören kann und die Leistung einschränkt.
Der exakte tägliche Bedarf an Kohlenhydraten ist individuell und kann bei intensivem Sport bis zu 5-7g/KG Körpergewicht betragen. Er sollte jedoch 130-150g nie unterschreiten.
Eine Ausnahme bildet hier eine strikte ketogene Ernährungsweise mit dauerhaft weniger als 40-50g Kohlenhydraten am Tag.
Proteine
Eine Zufuhr von 1.2-2.2g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht am Tag ist essentiell für Sportler:innen. So stellst du sicher, dass dein Körper optimal regenerieren und zerstörtes Gewebe wieder aufbauen kann.
Sport und Zyklus: Trainingsvolumen und -struktur
Selbst wenn du deinen Sport etwas mehr nach Zyklus gestalten möchtest, trainierst du nicht in jeder Woche komplett verschieden. Es würde unnötigen Stress für deinen Körper bedeuten, jede Woche mit völlig anderen Trainingsreizen zu kämpfen. Daher sollte die grundlegende Struktur deines Trainings ähnlich bleiben und das Trainingsvolumen zu deinem aktuellen Leistungsstand passen.
Schlaf und Erholung
Zu den großen Fünf für körperlich aktive Frauen gehören auch Schlaf und Erholung. Das beinhaltet:
- Ruhetage (Rest Days)
- aktives Stressmanagement
- 7-9 Stunden qualitativer Schlaf pro Nacht
Sport nach Zyklus: so geht es richtig
Du hast die Grundlagen abgedeckt und möchtest dich trotzdem noch mehr mit dem Sport im Einklang mit deinem Zyklus auseinandersetzen? Kein Problem! Auch dafür habe ich eine Menge Tipps und Tricks für dich.
1. Sammle Daten und lerne deinen eigenen Rhythmus kennen
Der einzig richtige Weg, deinen Sport nach Zyklus zu gestalten, ist, dich individuell nach deinen Symptomen und Mustern zu richten.
Dafür beginnst du damit, zunächst für einige Monate Daten zu sammeln. Du kannst dabei dein subjektives Gefühl im Training und im Alltag heranziehen, mögliche Symptome dokumentieren und auch deine Polar Sportuhr verwenden, um Muster zu erkennen. Bei deinen Werten aus Polar Flow interessieren dich dann wahrscheinlich vor allem:
- Ruhepuls
- HRV
- Nightly Recharge
- Hauttemperatur
- Trainingspuls
- Subjektives Gefühl der Anstrengung im Training
All diese Dinge können prinzipiell durch deinen Zyklus beeinflusst werden. Vielleicht erkennst du hier ein Muster?
2. Training nach Puls und Gefühl
Durch das Training nach Puls kannst du effektiv die Intensität deiner Workouts steuern. So stellst du sicher, dass dein Trainingsvolumen und die Intensität realistisch für dich sind und nicht zu stark schwanken. Das kommt dir auch zu Gute, wenn du dich zyklusbedingt schwächer fühlst. In dem Fall kannst du dann bewusst die Intensität deiner Workouts reduzieren.
Ergänzend kannst du dein subjektives Gefühl einsetzen. Es kann dir insbesondere beim Krafttraining helfen, das Training bei Bedarf anzupassen. Eine bewährte Methode dafür ist die Rate Of Perceived Exertion (RPE). Die RPE-Skala geht von 1-10 und lässt dich einschätzen, wie nah du am Muskelversagen trainierst. So kannst du auch an schwächeren Tagen deine Gewichte oder Wiederholungszahlen anpassen.
3. Passe deine Ernährung an
Den größten Effekt auf zyklusbedingte Symptome im Sport hat deine Ernährung. Durch ein paar simple Tricks kannst du einem möglichen Leistungsabfall entgegenwirken und deinen Körper zusätzlich unterstützen:
- Erhöhe während der Lutealphase deine Energiezufuhr ein wenig. Der Grundumsatz steigt in dieser Zeit um 2-12%.
- Iss Kohlenhydrate rund ums Training.
- Trinke ausreichend und über den Tag verteilt.
- Nutze Koffein bei zyklusbedingter Müdigkeit.
4. Kleine Anpassungen im Training
Wenn du noch Bedarf hast, kannst du kleine Anpassungen im Training vornehmen. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass du gegen Zyklusende einen zusätzlichen Ruhetag einlegst oder deine Regenerationswoche so planst, dass sie zu deiner persönlichen schwächsten Phase im Zyklus stattfindet.
Bedenke, dass es hier nicht um eine komplette Änderung deiner Sportarten und Trainingsstruktur geht, sondern um Mikro-Veränderungen!
5. Bleib neugierig und lerne dich immer wieder neu kennen
Wenn du deinen Sport nach Zyklus gestalten möchtest, ist es wichtig, dass du neugierig bleibst und dich immer wieder neu kennenlernst.
Kein Zyklus ist wie ein anderer. Menschen verändern sich. Die Umstände, in denen du lebst, wandeln sich. Und all das kann sich auch auf dein Energielevel und dein Wohlbefinden auswirken. Nutze weiterhin das Tracking deiner Polar Sportuhr und subjektive Beobachtungen, um bei Bedarf Änderungen vorzunehmen.
Sport nach Zyklus – Fazit
Sport nach Zyklus ist ein unglaublich spannendes Thema. Doch leider kursieren eine Menge Mythen und Behauptungen, die wissenschaftlich nicht haltbar sind.
Auch für Athletinnen gilt, dass sie zunächst die Grundlagen wie Energiezufuhr, Kohlenhydrate, Proteine, Trainingsplanung und Regeneration optimieren sollten, bevor das Feintuning stattfindet.
Möchtest du dich in deinem Training mehr nach dem weiblichen Zyklus richten, beginne damit, deinen Körper besser kennenzulernen und deinen eigenen Rhythmus zu beobachten. Deine Polar Sportuhr hilft dir dabei, Daten zu objektivieren. Zusätzlich helfen dir die oben genannten Tipps bei zyklusbedingten Symptomen.
Quellen:
https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fphys.2020.00517/full
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32661839/
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34047411/
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