Die Ausdauer steigern – welche Trainingsreize sind dabei die Richtigen.
Du willst deine Leistung steigern? Dann brauchst du Trainingsreize, die dich herausfordern, ohne dich zu überfordern. So dass dein Körper sich entsprechend anpassen kann. Mit der richtigen Balance aus aerobem und anaerobem Training wirst du ein besserer Läufer. Wir sagen dir, wie es funktioniert.
Du möchtest deine Ausdauer steigern? Du brauchst die richtige Trainingsmethodik.
Der Mann muss es wissen: Carsten Eich hat über 25 Jahre lang die deutschen Rekorde im 10-Kilometer-Straßenlauf und im Halbmarathon gehalten. Aufgestellt im Jahr 1993. Erst Ende 2021 wurde seine Bestzeit (60:34 Minuten) im Halbmarathon unterboten. Sein 10-Kilometer-Rekord (27:47 Minuten) ist immer noch unangetastet.
Über 15 Jahre lang war er Profiläufer. Heute gibt Carsten Eich sein Wissen, wie man seine Ausdauer steigern kann und damit ein besserer Läufer wird, in Seminaren und Camps an Freizeit-Läufer sopwie ambitionierte Athleten weiter. Gerade ist sein erstes Buch erschienen: „Dein Running-Coach“, Delius-Klasing-Verlag.
Das sicherlich wichtigste Kapitel in diesem Buch ist das der „Trainingsmethodik“. Hier erklärt Carsten Eich sehr verständlich, wie Läufer trainieren müssen, um ihre Ausdauer optimal zu steigern und deutlich höhere Geschwindigkeiten laufen zu können.
Wer schneller werden möchte, muss Die Ausdauer steigern
„Um lauftechnisch weiterzukommen, müssen wir unseren Körper vor neue Herausforderungen stellen. Grundsätzlich reagiert unser Körper auf Belastungen. Muskulatur, Herz-Kreislauf-System, Lungenfunktion und unser Blut passen sich den Trainingsbelastungen an“, so Eich.
Entscheidend sind die unterschiedlichen Trainingsreize und die zeitliche Abstimmung von Intensität, Umfang und Erholung. Viele Läufer*innen tappen bei der Frage, wie oft Trainingsreize in welcher Intensität gesetzt werden müssen, im Dunkeln.
Dazu muss man kurz die wichtigsten Begriffe erklären, um das Ausdauertraining verstehen zu können. Grundsätzlich unterscheidet man im Ausdauertraining zwei Formen:
Aerobes Training
Wie so viele Wörter stammt auch der Begriff „aerob“ aus dem griechischen. Er bedeutet „mit Luft“. Es geht in der Sportwissenschaft bei der Begriffserklärung von „aerob“ vor allem um einen Bestandteil der Luft: den Sauerstoff.
Damit unser Körper Energie zur Verfügung hat, müssen Nahrungsbestandteile (vor allem Kohlenhydrate und Fette) verstoffwechselt werden. Das funktioniert, indem Fett und Kohlenhydrate unter Einfluss von Sauerstoff verbrannt werden. Es entsteht Energie, die unsere Muskulatur antreibt.
Anaerobes Training
Der Begriff „anaerob“ heißt „ohne Luft“. Damit wird jener Zustand beschrieben, bei welchem dem Körper für den oben genannten Stoffwechselvorgang nicht mehr genügend Sauerstoff zur Verfügung steht. Warum ist das so? Wenn unsere Muskeln sich schneller bewegen oder mehr Kraft aufwenden sollen, benötigen sie auch mehr Energie. Unsere Fähigkeit, Sauerstoff aufzunehmen, ist aber begrenzt. Ab einer bestimmten Muskeltätigkeit wandelt unser Körper die zur Verfügung stehenden Kohlenhydrate nun ohne Sauerstoff in Energie um. Bei diesem Stoffwechselvorgang entsteht das sogenannte „Laktat“ im Blut. Der Muskel übersäuert, was zu einem Leistungsabfall führt. Fette werden bei anaerober Energiebereitstellung so gut wie nicht mehr verbrannt.
Die aErob-anaerobe Schwelle und ihre Bedeutung
Der Übergang zwischen diesen beiden Formen des Ausdauer-Trainings ist die „aerob-anaerobe Schwelle“ (oft auch nur anaerobe Schwelle genannt). Hierbei handelt es sich um den Übergangsbereich, bei der eine Ausdauerbelastung von 30 bis 60 Minuten so gerade noch aufrechterhalten werden kann. Dieser Bereich ist sehr individuell. Mit dem richtigen Training kannst du die Ausdauer steigern und den Übergang verändern. Das Ziel eines planmäßigen Lauftrainings, ist auch die Verschiebung des Bereiches der anaeroben Schwelle hin zu einer höheren Geschwindigkeit.
AErob vs. Anaerob in der Praxis
Um es konkret zu machen: Wenn du deinen 10 Kilometer langen Trainingslauf in 65 Minuten absolvierst und dich noch gut mit einem Laufbuddy unterhalten kannst, bist du sehr sicher unterhalb deiner individuellen anaeroben Schwelle unterwegs – deine Energiebereitstellung läuft mit ausreichender Aufnahme von Sauerstoff (aerob) ab.
Ein paar Tage später (oder in einem Wettkampf) versuchst du deutlich schneller zu laufen. Bis Kilometer acht schaffst du es, jeden Kilometer in etwa 6:00 Minuten zurückzulegen. Bei Kilometer 9 werden deine Beine schwer, du wirst du langsamer und du kommst nach knapp 62 Minuten außer Atem ins Ziel. Was ist passiert? Du warst über deiner aerob-aneroben Schwelle unterwegs. Wahrscheinlich nur ganz leicht, weil du dein Lauftempo noch lange halten konntest. Aber am Ende hatte dein Körper nicht mehr genügend Sauerstoff, um die Pace zu halten.
Die Ausdauer richtig steigern – so funktioniert das Training
Was ist zu tun, damit du bald auch die 62 Minuten locker schaffst? „Um das zu erreichen, sollte zumindest einmal pro Woche ein überschwelliger Trainingsreiz auf dem Programm stehen.
Du läufst also Intervalle in einem Tempo oberhalb deiner anaeroben Schwelle, um den Körper vor eine neue ungewohnte Herausforderung zu stellen. In der anschließenden Erholungsphase kommt es zu einer Anpassung der Leistungsfähigkeit“, sagt Experte Carsten Eich.
Die anaerobe Schwelle ermitteln
Dazu solltest du deinen Schwellenbereich und vor allem deine Herzfrequenz im Bereich deiner individuellen anaeroben Schwelle kennen.
Es gibt hierfür zwei Möglichkeiten: Du lässt eine professionelle Leistungsdiagnostik durchführen, bei der deine Laktatwerte im Blut bei steigender Belastungsintensität gemessen werden. Dabei lässt sich sehr exakt messen, ab welcher Laufgeschwindigkeit deine Muskulatur übersäuert. Du erhältst eine Auswertung über deine anaerobe Schwelle und weißt danach, bei welcher Pace und welcher Herzfrequenz du so gerade noch dein Lauftempo über lange Zeit aufrechterhalten kannst und wann es zu einem Leistungsabfall führt.
Nicht jeder möchte in eine Leistungsdiagnostik investieren, um zu wissen, ob er nun im aeroben oder schon im anaeroben Bereich trainiert. Es gibt noch eine andere Methode, um sein Training sehr gut steuern zu können – über Herzfrequenz-Zonen. Dazu muss man seine maximale Herzfrequenz ermitteln. Dein Maximalpuls ist sehr individuell – es ist der Wert, bei dem dein Körper 100 Prozent seiner Leistungsfähigkeit abruft. Mit diesem Wert lassen sich sehr gut die verschiedenen Trainingsbereiche ermitteln, um die Intensitäten festzulegen, die dein Training nach aeroben und anaeroben Einheiten unterteilen.
So ermittelst du deine maximale Herzfrequenz
Laufprofi Carsten Eich empfiehlt diese Methode, um ohne Leistungsdiagnostik möglichst exakt den individuellen Maximalpuls bestimmen zu können:
„Ich halte besonders für Einsteiger folgenden Testlauf über 1200 Meter (bzw. 3 Runden á 400 Meter in einem Stadion) für sinnvoll: Laufe dich ein paar Minuten ganz locker warm. Starte nun mit einem mittleren Dauerlauftempo und steigere alle 200 Meter deine Pace, so dass du auf der dritten Runde deutlich an deine Leistungsgrenze kommst. Auf den letzten 200 Metern gibst du nochmal alles, als würde dein Endspurt über den Olympiasieg entscheiden. Im Ziel zeichnet deine Pulsuhr einen entsprechend hohen Wert auf, der nahe an deinem Maximalpuls liegt. Du solltet nun noch ca. 5 Schläge auf den höchsten Wert aufschlagen. Dieser Wert funktioniert sehr gut als dein Maximalpuls zur weiteren Trainingsteuerung.
Eine weitere Alternative zu Ermittlung der max. Herzfrequenz findest du hier.
Die Ausdauer steigern – die wichtigsten aeroben und anaeroben Trainingsbereiche
Training ist immer eine Abfolge von Belastung und Erholung. Die Erholungsphasen sind sehr wichtig, weil unser Körper sich nur in dieser Phase entscheidend anpassen kann. Sogenannte Regenerationsphasen bedeuten nicht, dass du komplett pausieren sollst. Aber die Intensität soll so niedrig – und im aeroben Bereich – stattfinden, dass sich der Körper von anstrengenden Einheiten zuvor erholen kann. Natürlich brauchst du ebenso die Belastungen, die deinen Körper vor eine (neue) Herausforderung stellen. Wir erklären dir, wie sich die Belastungen idealerweise verteilen.
Der langsame Dauerlauf (DL I)
Stelle dir deine Leistungsfähigkeit in der Form einer Pyramide vor. Das Gebäude steht besonders sicher und kann entsprechend hoch gebaut werden, wenn es ein breites Fundament hat. Dein Fundament ist die Grundlagenausdauer. Das sind Trainingsläufe im aeroben Bereich. Wir nennen sie Dauerlauf I (DL I).
Das ist vollkommen unabhängig von der jeweiligen Zielsetzung, auch Profis halten sich an diese Grundverteilung der Trainingsinhalte. Somit ist der ruhige Dauerlauf ein sehr wichtiges Trainingsmittel, das in erster Linie in der Länge variiert. Läufe im DL I finden im Wohlfühltempo (Herzfrequenz-Zone 2-3/ Blau-Grün) statt.
Carsten Eich: „Zwischen 60 und 80 Prozent des Trainingsumfangs findet im ruhigen Dauerlauf (DL I) statt.“
Du wirst sehen, wie sich durch ruhige Dauerläufe deine Ausdauerfähigkeit verbessern wird. Schon bald wirst du deine gewohnten Geschwindigkeit mit deutlich niedrigeren Pulswerten laufen können. Apropos Pulswerte: Der ruhige Dauerlauf (DL I) sollte im Bereich zwischen 60 und 80 Prozent des individuellen Maximalpulses gelaufen werden.
Der mittlere Dauerlauf (DL II)
Wir brauchen eine aerobe und eine anaerobe Belastung, um unsere Ausdauer zu steigern. Aber reicht das aus? Manchmal brauchen brauchen wir auch die vernünftige Reisegeschwindigkeit bei akzeptablem Verbrauch. Das ist der Dauerlauf in mittlerer Intensität – der mittlere Dauerlauf (DL II).
Er ist die Brücke zwischen der Grundlagenausdauer und der Wettkampfgeschwindigkeit. Auf das breite Fundament der Ausdauerpyramide baust du mit diesem Training eine starke Mitte auf.
Dein Körper wird durch diesen etwas schnelleren Dauerlauf mehr gefordert, aber auf keinen Fall überfordert. Du wirst merken, dass du durch diese Tempo-Variation auch die übrigen Trainingseinheiten leichter umsetzen kannst. Beim dem DL II sollen ebenfalls verstärkt Fette, in Kombination mit Kohlenhydraten, verbrannt werden. Du kommst bei dieser Belastung der anaeroben Schwelle näher, aber du überschreitest sie nicht.
„Zwischen 15 und 20 Prozent des Trainingsumfangs findet im mittleren Dauerlauf (DL II) statt.“
Auch diese Trainingsform steuerst du am besten mit Hilfe einer Pulsuhr über die Herzfrequenz. Sie sollte zwischen 80 und 85 Prozent des Maximalpulses (Herzfrequenz-Zone 4 / Gelbe Zone) liegen. Der mittlere Dauerlauf (DL II) macht wirklich Spaß, da er in der Regel nur einmal pro Woche auf dem Plan steht und du auch mal etwas Gas geben darfst. Das funktioniert aber nur, wenn du dich bei den anderen Dauerläufen an die langsamere Geschwindigkeit hältst.
Der schnelle Dauerlauf (DL III)
Tempotraining kann man lieben oder hassen! Egal, was du davon hältst – wenn du dich deutlich verbessern möchtest, führt kein Training an diesen intensiven Einheiten im schnellen Dauerlauftempo (DL III – 90 – 100 % der max. Herzfrequenz – Herzfrequenz-Zone 5 / Rote Zone) vorbei.
Tempolauf-Programme sollen helfen, die die Laktatverträglichkeit im Körper zu verbessern. Du bist nun oberhalb der anaeroben Schwelle unterwegs, dein Körper schafft es nicht mehr, dass bei der Kohlenhydratverbrennung entstehende Salz der Milchsäure (Laktat) direkt wieder abzubauen. Auf Grund von Sauerstoffmangel kommt es zur erhöhten Laktatbildung.
„Zwischen 10 und 20 Prozent des Trainingsumfangs findet im Tempodauerlauf bzw. schnellen Dauerlauf (DL III) statt.“
Genau das ist aber gewollt. Dein Körper soll schließlich lernen, mit dieser Situation umzugehen. Da diese Trainingseinheiten aber intensiv und anstrengend sind, darf dieses Trainingsmittel nur sehr gezielt eingesetzt werden.
Ausdauer steigern mit Intervall- und Tempoläufen
Der Grundgedanke eines Intervall- bzw. Tempolaufprogramms besteht darin, dass du eine bestimmte Geschwindigkeit anstrebst, die du heute noch nicht lange am Stück durchlaufen kannst. Da dies aber für den Wettkampf geplant ist, konzentrierst du dich im Training auf Teilstücke. Zur zwischenzeitlichen Erholung fügst du zwischen den Tempoabschnitten Pausen ein, am besten eignen sich Trabpausen.
Innerhalb eines Trainingszyklus von mehreren Wochen werden dann die schnellen Abschnitte verlängert oder/und die Pausen verkürzt.
Ein solches Tempotraining findet zwischen 85 und 95 Prozent des Maximalpulses statt. Natürlich fällt es am Anfang schwer, sich zwischen den Belastungen zu erholen. Aber gerade das soll der Körper lernen und damit die Ausdauer zu steigern. Kontrolliere zwischen den Belastungen deinen Puls. In der Erholungsphase soll dieser deutlich sinken.
Klassische Programme für den DL III sind Intervalle wie 15×400 Meter, 10×500 Meter oder 6×1000 Meter.
Aber bei allem Ehrgeiz darf man es beim anaeroben Tempotraining nicht übertreiben. Schließlich besteht eine Trainingswoche nicht nur aus einer schnellen Einheit. Der Mix macht es. Jetzt weißt du, wie du dein Training aufbauen kannst, um deine Ausdauer zu verbessern.
Hier findest du die Polar Laufprogramme. Das sind persönliche, adaptive Trainingspläne die dich auf deinen individuellen Daten beruhen. Sie begleiten dich von deinen ersten 5 km bis hin zum Marathon.
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Bitte beachte, dass die Informationen in den Artikeln des Polar Blogs keine individuelle Beratung durch medizinische Fachkräfte ersetzen können. Bevor du ein neues Fitnessprogramm beginnst, hole ärztlichen Rat ein.