Wer seine Herzfrequenz beim Laufen verfolgt, fragt sich so manches mal, ob die angezeigte Frequenz normal ist, für das, was man gerade leistet. Um das zu beantworten muss man natürlich wissen, was genau eine normale Herzfrequenz ist, bzw. gibt es sie überhaupt, die normale Herzfrequenz beim Laufen?
Spoiler: Die normale Herzfrequenz beim Laufen, die eine Allgemeingültigkeit hat, gibt es so nicht.
Um deine jeweiligen Trainingspuls richtig einordnen zu können, ist es wichtig zu verstehen, was mit deiner individuellen Herzfrequenz und deinem Körper beim Laufen passiert. Welche Rolle spielt zum Beispiel die Tagesform dabei oder welchen Einfluss haben äußere Umstände wie Temperatur, Regen oder Wind.
Wir haben uns mit Jason Lakritz, PT, Physiotherapeut bei Finish Line Physical Therapy in New York City und Gründer von „Profunctional Running“, über das Thema Herzfrequenz beim Joggen unterhalten.
Maximale Herzfrequenz beim Laufen
Um den Einfluss der Faktoren, welche sich beim Joggen auf die Herzfrequenz auswirken, richtig einzuschätzen, sollte man eine wichtige Größe kennen, die eigene maximale Herzfrequenz.
Deine maximale Herzfrequenz (HFmax) ist die höchste Anzahl von Schlägen pro Minute, die dein Herz pumpen kann. Es ist der Zeitpunkt, an dem das Herz maximal belastet wird, was in der Regel auf eine intensive körperliche Aktivität zurückzuführen ist.
Die ganz genaue Ermittlung der HFmax ist ein anspruchsvolleres Prozedere. Um den Körper soweit zu fordern, dass die maximale Herzfrequenz erreicht und entsprechend gemessen wird, braucht es einen Feldtest mit exakter Herzfrequenzmessung.
Der Lauf-Leistungstest von Polar ist eine gute Alternative zur besagten Feldtestungen. Er ist in Polar Laufuhren integriert.
Alternativ hilft fürs Erste die bekannte Faustformel „220 minus Lebensalter“. Mit dieser Formel ist es möglich, den Wert selbst zu schätzen. „Es ist jedoch nur eine sehr grobe Schätzung. Wer die Formel nutzt, sollte sich zudem bewusst sein, dass die so errechnete HFmax mit zunehmendem Alter sinkt, unabhängig vom Trainingszustand“
Herzfrequenz beim Laufen – Die Herzfrequenz-Zonen
Sobald du deine maximale Herzfrequenz kennst, hast du den Ausgangspunkt gefunden, von dem aus die fünf Herzfrequenzbereiche berechnet werden, die für deine jeweiligen Trainingsziele relevant sind. Jede dieser Zonen bestimmt einen Prozentbereich der maximalen Herzfrequenz. Diese Bereiche zeigen die Intensität deiner Trainingseinheiten an. Es lässt sich gut einordnen, wie hoch die Anstrengung der jeweiligen Einheiten sind und ermöglicht damit eine individuelle Trainingsplanung.
Zonen | Intensität | % der Maximalen Herzfrequenz |
Zone 1 | Sehr leicht | 50-60% |
Zone2 | Leicht | 60.70% |
Zone 3 | Moderat | 70-80% |
Zone 4 | Hart | 80-90% |
Zone5 | Sehr hart | 90-100% |
Auch für die allgemeine Fitness ist es gut, in verschiedenen Herzfrequenzbereichen zu trainieren, denn jeder Bereich hat seine Vorteile für den Körper.
Beim Laufen mit Herzfrequenz-Messung kann man den Fokus auch etwas einschränken. „Die meisten Herzfrequenz-Trainingsprogramme arbeiten in der Regel mit fünf Zonen. Aber, man kann auch drei größere Bereiche benennen“, sagt Lakritz. „Der Körper hat verschiedene Energiesysteme, die entsprechend der unterschiedlichen Intensitäten genutzt werden. Jedem dieser Systeme kann man bestimmte Herzfrequenzbereiche zuordnen. „
DAS AEROBE SYSTEM
Das aerobe System umfasst die Herzfrequenzbereiche 1 und 2 (50-70 % der maximalen Herzfrequenz). Es nutzt Fett zur Energiegewinnung und ist ein langsameres System, bei dessen Nutzung jedoch keine Milchsäure entsteht. Daher ist es möglich lange in diesem Bereich zu trainieren. „Es ist das System, aus dem der Körper bei leichten Läufen die Energie gewinnt“, sagt Lakritz.
DAS SYSTEM DER Laktatschwelle
Das System der Laktatschwelle ist die Herzfrequenz-Zone 3 (70-80 % der maximalen Herzfrequenz). Es ist eine Kombination des aeroben und anaeroben Systems und nutzt zur Energiegewinnung eine Kombination aus Fett und Kohlenhydraten. Die Laktatschwelle ist ein guter Anhaltspunkt für deine Leistungsfähigkeit beim Laufen.
„Für ein Training mit diesem System braucht der Körper schneller Energie, deshalb kommen hier die Kohlenhydrate ins Spiel“, erklärt Lakritz. „Die Art und Weise, wie der Körper Kohlenhydrate zur Energiegewinnung nutzt, ist viel schneller als bei den Fetten. Das Problem bei dieser Art der Energiebereitstellung ist jedoch, dass der Körper bei der Verwendung von Kohlenhydraten ein Nebenprodukt bildet: Milchsäure/Laktat.“
Bis zu einem gewissen Bereich, der oben genannten Laktatschwelle, hält sich die Laktatbildung und der Laktatabtransport noch die Waage. Wer länger über diesem Bereich trainiert, kommt schnell in die anaerobe. Zone.
Wer dauerhaft in einem schnelleren Tempo laufen möchte, bzw. seine Laktatverträglichkeit verbessern möchte, der versucht seine Laktatschwelle mit dem entsprechenden Training nach oben zu verschieben.
DAS ANAEROBE SYSTEM
Das anaerobe System umfasst die Herzfrequenzbereiche 4 und 5 (80-95 % der maximalen Herzfrequenz). Es verwendet in erster Linie Kohlenhydrate für hochintensive Läufe, da schnell Energie benötigt wird. „Der Körper verbraucht Kohlenhydrate jetzt so schnell, dass in einem kurzen Zeitraum sehr viel Laktat produziert wird. Man läuft zwar in einem hohen Tempo, aber nur für kurze Zeit, bevor man langsamer werden muss, da die Kontraktionsfähigkeit der Muskeln beeinträchtigt wird „, sagt Lakritz. „Das ist bei Tempotraining, z. B. bei Intervallläufen, der Fall.“
Fließende Systeme
Wer die Herzfrequenz beim Laufen beobachtet weiß: Oft befindet man sich während eines Laufs in einer dieser drei Systeme.
Lakritz bezeichnet diese Systeme als eher fließende Systeme: „Während eines Laufs, bei dem man immer schneller wird, bewegt man sich in der Regel durch diese drei Zonen. Dabei verschiebt sich zur Energiegewinnung allmählich das Verhältnis von Fett zu Kohlenhydraten. Aber das ist natürlich nur eine sehr vereinfachte Darstellung der Energiebereitstellung im Körper.“
Gibt es die NORMALE HERZFREQUENZ BEIM LAUFEN?
Für die Herzfrequenz beim Laufen gibt es keine „normale“ Frequenz. Jeder Mensch ist anders. Im Prinzip kann die Herzfrequenz beim Laufen jeden Tag durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden.
Jason Lakritz: „Unabhängig davon, welche Sportart du betreibst, solltest du das Training, je nach Einheit, immer auf einen Wert zwischen 50 % und 85 % deiner maximalen Herzfrequenz ausrichten. Wenn du jedoch erst mit dem Joggen beginnst, ist es zunächst sinnvoller den größten Teil des Trainings in den Zonen 1 und 2 zu absolvieren, um damit deine aerobe Fitness zu verbessern.“
Mit zunehmender Erfahrung empfiehlt Lakritz auch die Herzfrequenzzone 3 anzustreben. „Die Herzfrequenz sollte jetzt auch im Bereich von 70-80 % liegen. Wenn die Herzfrequenz diesen Prozentsatz der maximalen Herzfrequenz nicht erreicht, dann trainiert man mehr im aeroben System. Wenn die Herzfrequenz beim Laufen über diesen Bereich hinausgeht, findet das Training mehr im anaerobe System statt.“
Wer zum ersten Mal versuchet länger in Zone 3 zu laufen, der sollte auf jeden Fall eine ausreichende Erholungsphase einplanen. Wie viel Ruhe man braucht, ist allerdings von Person zu Person unterschiedlich. „Je besser Sportler und Sportlerinnen darin geübt sind, im Bereich der Laktatschwelle zu laufen, desto weniger Pause werden sie benötigen.“ sagt Lakritz.
Besteht das Ziel des Trainings darin, das anaerobe System zu trainieren, muss die Herzfrequenz auf 80-95 % (Zone 4 und 5) gesteigert werden. „Das erfordert gut geplante Pausen, wenn das Tempo der einzelnen Intervalle beibehalten werden soll“, sagt Lakritz.
FAKTOREN, DIE die HERZFREQUENZ BEIM LAUFEN BEEINFLUSSEN
- Alter
- Gewicht
- Fitnessniveau/aerobische Kapazität
- Familiengeschichte
Weitere Variablen, welche die Herzfrequenz beim Laufen beeinflussen:
- Hitze und Feuchtigkeit
- Flüssigkeitszufuhr
- Koffein, Alkohol oder Nikotin
- Höhenlage
- Energielevel
- Erholung
- Stress oder Angstzustände
- Medizinische Bedingungen
- Bestimmte Medikamente
- Schlaf
All diese Faktoren führen unter Umständen dazu, dass die Herzfrequenz beim Laufen mit geringer Anstrengung manchmal höher ist, als man es von sich kennt.
WAS IST, WENN ICH keine Laufuhr mit Herzfrequenz-messung HABE?
Die Verwendung einer Laufuhr ist die effektivste Methode, um zu wissen, wie es um die Herzfrequenz bei deinen Laufeinheiten bestellt ist. Wenn du ganz ohne Daten läufst, gibt es die Alternative physische Marker zu nutzen. Mit ihnen kannst du grob abschätzen, in welchem Bereich du augenblicklich trainierst.
„Ich verwende gerne den ‚Sprechtest'“, sagt Lakritz.
„Wenn du noch in der Lage bist, in ganzen Sätzen zu sprechen, befindest du dich wahrscheinlich im aeroben Bereich. Wenn es nur noch vier oder fünf Wörter auf einmal sind, ist der Bereich der Laktatschwelle der wahrscheinlichste Bereich. Sind es nur noch ein oder zwei Wörter, wenn überhaupt, dann spricht alles für den anaeroben Bereich.
Diese Methode ist zwar nicht wissenschaftlich fundiert, aber sie immerhin keine schlechte Faustregel, wenn du ohne deine Polar Uhr losgelaufen bist. Am genauesten ist es aber immer noch mit einer entsprechenden Laufuhr.
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Bitte beachte, dass die Informationen in den Artikeln des Polar Blogs keine individuelle Beratung durch medizinische Fachkräfte ersetzen können. Bevor du ein neues Fitnessprogramm beginnst, hole ärztlichen Rat ein.