Dr.Laura Hottenrott löste das Ticket für die Olympischen Spiele 2024 in Paris mit der Zeit von 2:24:32 in Valencia. Am 11. Februar war es dann soweit und es erfolgte Lauras offizielle Nominierung durch den DOSB. Von da an waren es noch 6 Monate bis zum Marathon in Paris am 11. August. Beim Silvesterlauf über 15 km von Werl nach Soest lief Laura mit einer Zeit von 49:31 min deutlichen Streckenrekord. Sie war also in einer sehr guten Form, doch diese hohe Leistungsfähigkeit konnte man nicht über Monate hinweg aufrechterhalten. Es war nicht einfach, jetzt einen Weg zu finden, der zunächst nicht zum weiteren Leistungsaufbau beitrug.
Bevor wir nachfolgend unseren Trainingsplan bis Paris skizzieren, möchten wir auf die besonderen Anforderungen des Olympischen Marathons und die entsprechenden Rahmenbedingungen eingehen, die für die Trainingsplanung von Bedeutung waren.
Anforderungen an die Trainingsplanung für Dr. Laura Hottenrott
- Streckenprofil: Mit 438 HM unterscheidet sich der Paris – Marathon erheblich von den klassischen flachen Stadtmarathons. Die beiden Anstiege nach 15 km und und 28 km sowie die langen und steilen Bergababschnitte, mit bis zu 13,5% Gefälle, waren in der Trainingsplanung zu berücksichtigen.
- Klima: Im August kann es in Paris zu sehr hohen Temperaturen kommen. Die Anpassung an die Hitze musste rechtzeitig im Training erfolgen, wofür ein geeigneter Trainingsort erforderlich war.
Diese Voraussetzungen zeigen die recht komplexe Anforderungen für die Erstellung des Trainingsplans mit einer geeigneten Periodisierung und Zyklisierung. Zu planen war also ein Makrozyklus über sechs Monate mit allgemeiner und spezieller Vorbereitungsphase sowie der unmittelbaren Wettkampfvorbereitung (UWV). Dabei galt es Verletzungen und Überforderungen für Dr. Laura Hottenrott zu vermeiden und einen guten Gesundheitszustand über den gesamten Zeitraum sicher zu stellen.
Dr. Laura Hottenrott – Allgemeine Vorbereitung auf den Paris-Marathon
Für die Schaffung allgemeiner Grundlagen haben wir den Schwerpunkt auf Skilanglauf, Bergwandern und Trail Running gelegt.
Das erste Trainingslager über 14 Tage, Anfang Februar, führten wir in Livigno (1900 HM) durch. Mit Skilaufen im Diagonalschritt, Skating und Tourengehen mit Fellen unter den Cross-Country-Skiern sowie einigen kurze Laufeinheiten konnten über 25 h in der Woche trainiert werden.
Für das zweite Trainingslager im März wählten wir Teneriffa. Der Nationalpark auf einer Höhe über 2100 Meter ist hervorragend für Bergwandern und Trail Running geeignet. So konnten wir recht frühzeitig die spezielle Kraftausdauer im Anstieg und Abstieg trainieren. Die Muskulatur wird gerade beim Bergabgehen beispielsweise vom Teide (3750 M) exzentrisch stark beansprucht und wurde somit auf die steilen Bergabpassagen des olympischen Marathons „schonend“ vorbereitet. Etwas spezieller wurde die Muskulatur dann beim Traillaufen mit häufigeren Wechseln bergauf und bergab trainiert. Auch das Laufen auf wechselndem Untergrund auf Geröll, Steinen und Wurzeln trainierte die Fußmuskulatur und förderte die Koordination.
Spezielle Vorbereitung von Laura auf den Paris-Marathon
Für die spezielle Vorbereitungsphase wählten wir die Trainingsorte Livigno und Sierra Nevada. An beiden Orten schätzen wir die Höhenbedingungen und kürzere Anreise im Vergleich zu Kenia oder Südafrika. Livigno hat eine Laufbahn auf 1850 m Höhe und die Sierra Nevada auf 2320 m. Da ich eine Periodisierung von drei Wochen Belastung, gefolgt von einer Woche Entlastung vorgab, bot es sich an, häufigere und dafür kürzere Trainingslager von zwei bis drei Wochen zu planen. Wir überprüften regelmäßig den Leistungsfortschritt in einer Leistungsdiagnostik, um die fünf Trainingsbereiche in Polar Flow fortlaufend anzupassen. Um die Anpassung an die Höhenbedingungen zu steuern und Überforderungen zu vermeiden, nutzen wir seit vielen Jahren die Herzfrequenzvariabiltät (HRV).
Orthostatischer Test
Mit einem morgendlichen vierminütigen Lagewechseltest (Orthostatic Test) erfassten wir präzise den aktuellen Zustand des autonomen Systems und nahmen bei Bedarf kurzfristig Änderungen am Trainingsplan vor. Der Trainingsumfang war gut mit dem Orthostatic Test zu steuern, um so einen ausreichenden Umfangsreiz zu setzen und gleichzeitig eine Überforderung zu vermeiden.
Ein morgendlicher Orthostatic Test 10 Tage vor dem Olympischen Marathon zeigte uns, dass der letzte Trainingsblock gut angeschlagen hat und das autonome System mit einem „Vagusovershoot“, d.h. erhöhten RMSSD-Werten und niedrigerer Herzfrequenz, vor allem während der Messung im Stehen, auf die Umfangswoche reagierte (siehe Orthostatic Test vom 2. August 2024).
Der HRV-Wert RMSSD gehört zum Standard der HRV Parameter. Er ist ein allgemein anerkanntes Maß für den Einfluss des Parasympathikus auf die Herzschlagrate. Darum wird der RMSSD als Hinweisgeber für Erholungsfähigkeit verstanden.
Anschließend leiteten wir die Taperphase für Laura ein und reduzierten das Trainingsvolumen deutlich. Insbesondere die Summe der Reize auf den gesamten Organismus, bestehend aus einer Kombination aus Trainingskilometern, Höhe und Hitze war zu berücksichtigen. Ein alleiniges Aufsummieren der Trainingszeit spiegelt hier nicht den Reiz auf den Organismus wieder. Eine Analyse der Herzfrequenz und Herzfrequenzvariabiliät in liegender und stehender Position gab einen differenzierten Einblick in die Gesamtbelastung.
Orthostatic Test mit der Polar Vantage V3 vor Beginn der Taperphase für Dr. Laura Hottenrott
In Livigno und der Sierra Nevada lag der Schwerpunkt auf hohen Laufumfängen von 180 bis 200 Wochenkilometern. Für die speziellen Anforderungen des Streckenprofils in Paris haben wir insbesondere profilierte Long Runs über 32 km mit wechselnder Geschwindigkeit, sowie Programme mit kurzen wiederholten Intervallen über 300 und 400 m eingebaut. Damit wurde die Muskulatur auf die erhöhten Geschwindigkeiten beim Bergablaufen vorbereitet.
In Paris galt es 438 Höhenmeter bergab mit einer Pace um die 3:10-15 min/km zu laufen und dabei muskulär nicht fest zu werden, um im Flachen noch weiterhin um die 3:30 min/km laufen zu können.
Ein zweites Mal ging es dann erneut, für knapp zwei Wochen, in die Sierra Nevada. Diesmal stand insbesondere die Hitzeanpassung im Vordergrund. In Granada war es mit um die 38°C deutlich wärmer als in den Bergen von Livigno oder St. Moritz. Mit zwei Läufen über 20 km und einem Tempolaufprogramm von 4 x 2250 m in der Mittagshitze erzielte Laura eine effektive Anpassung an die hohen Temperaturen. Die Anreise von Granada nach Paris war mit 1,5 h Flugzeit kurz und unkompliziert.
Der anspruchsvolle Olympische Marathon
Wie zu erwarten wurde es am Wettkampftag sehr warm. Die Höchsttemperatur am Sonntag in Paris waren 32°C. Am Rennmorgen war es noch angenehm. Um 4:45 Uhr ging es zum Frühstück, denn bereits um 5:30 Uhr fuhren die Busse vom Olympischen Dorf ab. Viel Zeit bis zum Start um 8:00 Uhr. Unsere Strategie für den Marathon war defensiv ausgerichtet, d.h., die ersten 10 km nicht im vorderen Feld mitzulaufen. Dies zahlte sich auch positiv im weiteren Rennverlauf aus. So konnte sich Dr. Laura Hottenrott von Platz 69 stetig nach vorn kämpfen und das Ziel nach 2:31:19 h mit Platz 38 erreichen. Die schnellsten Kilometer lief sie in 3:20-3:21 min und die beiden langsamsten im steilen Anstieg in 4:06 und 4:09 min.
Analysiert man das Rennergebnis, so konnte Laura ihren 49. Rangplatz (Road to Paris) um 11 Plätze verbessern. Die relativ hohen Zeitdifferenzen zu den persönlichen Bestzeiten aller Athletinnen erklären sich durch den anspruchsvollen Streckenkurs mit 438 Höhenmetern und den heißen klimatischen Bedingungen von 27-30°C in der letzten Stunde des Marathons.
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